Am 2. Oktober hat Markus Nollert die Online-Veranstaltungsreihe der RZU zu persönlichen Bilanzen zu 10 Jahren Innenentwicklung fortgesetzt. Dabei zog er Bilanz sowohl als praktisch tätiger Planer wie auch aufgrund seiner akademischen Tätigkeit an der ETH Zürich. Gleich zum Einstieg betonte Nollert, dass es gute Gründe für Innenentwicklung vor Aussenentwicklung gäbe. Konkret bedeute Innenentwicklung aber Verdichtung, was man auch so benennen solle. Dies wird nach Nollert heute dadurch kompliziert, dass Raumentwicklung in vielen Teilen der Schweiz nur mehr im Bestand stattfinden könne – mit konkreten Folgen für die Planung. So sei mehr und mehr zu beobachten, dass die Nutzungsplanung über Sondernutzungsplanungen erfolge, weshalb in der Regelbauweise wieder die Möglichkeiten zu schaffen seien, den Auftrag der Innenentwicklung zu bewältigen. Gleichzeitig müsse die Nutzungsplanung ertüchtigt werden, den aktuellen Anforderungen an Freiräumen, Grünflächen und Bäumen besser nachkommen zu können. Schliesslich brauche es auch Mut, Dinge auszuprobieren und dabei Spielräume so weit wie möglich auszunutzen oder gar zu überspannen, um taugliche Lösungen zu entwickeln.
Im anschliessenden Gespräch mit Angelus Eisinger vertiefte Markus Nollert noch einmal zentrale Argumente. Das erste Themenfeld betraf die Interessenabwägung. Verdichtungsprozesse haben ihren Preis, der aktuell nach Nollert noch viel zu wenig reflektiert werde. So könne zwar eine Zunahme von Dichte einhergehen mit neuen Qualitäten im Stadtraum. Gleichzeitig würden aber neue Vorgaben wie im Bereich Klimaanpassung und Klimaschutz oft in Widerspruch zu freiräumlichen oder städtebaulichen Qualitäten stehen. Solche planungsfremden Dogmen würden kein Abwägen zulassen und damit die für Nollert zentrale Frage der räumlichen Entwicklung unbeantwortet lassen: wie entsteht Urbanität?
Die zweite zentrale Herausforderung bildete für ihn die Bestimmung der relevanten Dichte. Für das angemessene Dichtemass gäbe es, wie er betonte, auch unter Expertinnen und Experten keinen Konsens. Klar sei aber, dass es Erhöhung der Dichte ohne Erhöhung der baulichen Dichte nicht gebe. Gleichzeitig müsse aber der Fokus in Zukunft auf der Erhöhung der Nutzungsdichte liegen. Wesentliche Gründe für die in weiten Teilen des Landes zu beobachtende Ablehnung der Verdichtung ortete Markus Nollert an konkreten Verdichtungsprozessen, die die Bevölkerung im kollektiven Gedächtnis gespeichert hat, wie z.B. Hochhäusern und baulichen Strukturen der 1970er, die bis heute auf viele fremd und brutal dicht wirken würden. An dieser Stelle zeige sich, wie wichtig es ist deutlich zu machen, auf welch unterschiedliche architektonische und städtebauliche Weise die gleiche Dichte erzielt werden könne.
Abschliessend stimmte Markus Nollert mit Blick auf die aktuelle Praxis in der Schweiz zuversichtlich, dass es viele Gemeinden gäbe, die sich der Herausforderung der Innenentwicklung mutig stellten. Dabei entstehen unterschiedliche, praktisch bewährte Antworten auf die planerischen Herausforderungen und Aufträge der Gegenwart, die eine substanzielle fachliche Auseinandersetzung verdienen.
Die Veranstaltungsreihe wird am 6. November ab 12:15 Uhr mit der Bilanz von Urs Meier, Planpartner, fortgesetzt. Eine Übersicht über das Gesamtprogramm findet sich hier.
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