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15. November 2023 | Weiterbildung

Beim automatisierten Fahren besteht raum­planerischer Handlungsbedarf – Erkenntnisse aus der Weiterbildung vom 21.09.2023

Welche raumplanerischen und verkehrlichen Ansätze und Möglichkeiten zum Umgang mit dem automatisierten Fahren sollten geprüft werden? Diese und weitere Fragestellungen wurden am 21.09.2023 an der Weiter­bildungs­veranstaltung der RZU in der Stahlgiesserei Schaffhausen diskutiert. Die eingeladenen Experten waren der Ansicht, dass sich die Politik und die Planung zeitnah mit dem Einsatz von automatisierten Fahrzeugen auseinandersetzen sollten. Denn das automatisierte Fahren könnte nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Raumentwicklung haben, sondern auch rascher als bisher gedacht zum Einsatz kommen. Konkret besteht gemäss revidiertem Strassenverkehrsgesetz bereits ab 2025 die Möglichkeit, dass automatisierte Fahrzeuge und Angebote regulär in der Schweiz eingesetzt werden können.

Diese Debatten waren eingebettet in konkrete praktische Erfahrungen zum aktuellen Entwicklungsstand in der Automatisierung. So stand allen Teilnehmenden eine Probefahrt mit dem automatisierten Shuttle der STL Linie 13 des Vereins Swiss Transit Lab (STL) offen. Der zuständige Projektleiter Andreas Kaiser berichtete über Fahrlinienbreiten, zu hohe Gräser am Strassenrand, knappe Überholmanöver anderer Fahrzeuge und weitere Hürden im aktuellen Betrieb und zeigte gleichzeitig auf, wie lernfähig das System ist. Inspiriert von der Präsentation der Ergebnisse des Impulsprojektes der RZU zum automatisierten Fahren wurde diskutiert, welche Nutzungs- und Flächenverschiebungen mit automatisierten Fahrzeugen erwartbar sind und welche Rollen und Aufgaben die Raumplanung dabei übernehmen sollte. Nicolà Gabriel, Projektleiter bei Mobilitäts­innovationen VBZ, berichtete vom Projekt Pikmi (2020–2022). Das On-Demand-Angebot wurde während 18 Monaten in den öffentlichen Verkehr Zürichs integriert, um es hinsichtlich Kundenbedürfnissen, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu prüfen. Trotz der Einschränkungen durch die Coronamassnahmen wurde das Angebot gut angenommen. Das Projekt zeigte jedoch auch auf, wie wichtig es ist, die richtigen Betriebsgebiete für solche Angebote zu ermitteln. Denn nur auf dieser Basis kann gezeigt werden, welche Einsparmöglichkeiten sich durch das automatisiertes Fahren ergeben und ob die damit verbundenen Kosten gerechtfertigt werden können. Mit Julian Renninger, Geschäftseinheit Erste Letzte Meile der SBB, konnten sich die Teilnehmenden über die langen Planungshorizonte der SBB, deren Positionierung zum Thema der ersten und letzten Meile im öffentlichen Verkehr und zur möglichen Rolle des automatisierten Fahrens austauschen.

Die RZU-Geschäftsstelle fasst die abschliessende Diskussion zwischen Experten und Teilnehmenden wie folgt zusammen:

  • In dicht besiedelten städtischen Gebieten mit guter ÖV-Anbindung und dichtem Fuss- und Velo­wegenetz gibt es wenig Potenzial für zusätzliche automatisierte On-demand-Angebote.
  • In peripher gelegenen und ländlich geprägten Gebieten hat das automatisierte Fahren hingegen das Potenzial, den ÖV sinnvoll zu ergänzen. Mehrwerte ergeben sich insbesondere, wenn automatisierte Fahrzeuge kombiniert mit On-demand-Angeboten und Ridepooling zielführend eingesetzt werden. Dazu müssen diese Angebote aber mit den Zielen zu Siedlungsentwicklung und Erreichbarkeit abgestimmt werden, um ungewünschte Auswirkungen in der Raumentwicklung, beispielsweise unerwünschte Erreichbarkeitsverbesserungen, zu vermeiden.
  • Angesichts der eingangs erwähnten Gesetzeslage nehmen die Relevanz und die Dringlichkeit einer Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des automatisierten Fahrens für die Raumplanung zu. Es bedarf eines wirkungsvollen Zusammenspiels restriktiver raumplanerischer Rahmenbedingungen und einer Regulierung automatisierten Fahrens, um einerseits die potenziell negativen Folgen des automatisierten Fahrens zu minimieren und andererseits zur Entwicklung von Angeboten beizutragen, welche mit Mehrwerten für die räumliche Entwicklung verbunden sind. Um sich planerisch angemessen und rechtzeitig auf die zukünftige Dynamik und Entwicklung des automatisierten Fahrens vorbereiten zu können, braucht es einen anhaltenden Dialog zwischen Politik und potenziellen Anbietern.

Die Präsentationen an der Weiterbildung können unten heruntergeladen werden. Weiterführende Informationen zum Pilotprojekt STL Linie 13 in Schaffhausen liefert die Sendung «Einstein» des SRF vom 14.09.2023, die sich mit dem automatisierten Fahren beschäftigt hat. Die Website des Amts für Mobilität des Kantons Zürich bietet weitergehende Informationen zum automatisierten Fahren und zu On-demand-Angeboten und generell zu Entwicklungen und Trends in der Mobilitätswelt. Dort gibt es auch ein Interview zum Projekt Pikmi der VBZ.


Foliensatz STL
(PDF, 6.1 MB)
Foliensatz Pikmi
(PDF, 1.3 MB)
Foliensatz RZU
(PDF, 10.5 MB)