Im Fernsehen, auf Plakaten oder in Online-Kampagnen wird viel mit der Schönheit der schweizerischen Landschaft geworben. In Tat und Wahrheit nimmt die landschaftliche Schönheit aber stetig ab. Warum eine schöne Landschaft im Interesse der Schweiz liegt und wie dieses Interesse auf Seiten der Politik geweckt werden kann, zeigt Hans Weiss in seinem neusten Buch auf. Angelus Eisinger und Roger Strebel haben mit dem Doyen des Schweizer Landschaftsschutzes über «achtung: landschaft schweiz» gesprochen.
In «achtung: landschaft schweiz» rollt Hans Weiss in einem ersten Teil die Ursachen der Landschaftszerstörung in der Schweiz in den Jahrzehnten seit Kriegsende auf. Im zweiten Teil konzentriert er sich anhand von 12 konkreten Beispielen auf einzelne Landschaften, die mit zum Teil spektakulären Aktionen gerettet werden konnten. So hätte eine Unterschrift des Bundesrats in letzter Minute beinahe noch die Bewahrung der Oberengadiner Seenlandschaft zu Fall gebracht, im Fall der Aktion zur Rettung der Rebberge von Salgesch wäre es nach einem Augenschein des Bundesgerichts mit Hans Weiss als Beschwerdeführer beinahe zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Einheimischen gekommen. Im dritten Teil skizziert Hans Weiss mehrere Anregungen und Forderungen für den zukünftigen Umgang mit Natur und Landschaft. Unter anderem sollten der Eigenwert der Natur (wieder) vermehrt anerkannt und Realersatz auch im Bereich Landschaft verlangt werden. Wichtig wären auch Nutzungs-Regeln für die Landschaft, die auf dem Prinzip der Allmend basieren und die Landschaft nachhaltig bewahren und nutzbar machen. Zentral ist für Hans Weiss aber das politische Engagement der Bevölkerung. Viele Landschaften konnten nur gerettet werden, weil sich die Bevölkerung für den Natur- und Landschaftsschutz engagierte. Dies hat sich auch bei den oben erwähnten Fallbeispielen gezeigt.
Im Rahmen eines kurzen Gesprächs weist Hans Weiss darauf hin, dass er mit seinem aktuellen Werk die Bevölkerung und nicht ein Fachpublikum erreichen will. Schnell wird auch klar, dass er mit seinem Buch nicht anklagen, sondern (bloss) aufmerksam machen und zu Engagement motivieren will. Unumwunden räumt Hans Weiss ein, dass er auch keine Patenlösung hat im Spannungsfeld zwischen Landschaftsschutz und erneuerbaren Energien oder zwischen Landschaft und Landwirtschaft. Der Konflikt sei schon in der Bundesverfassung programmiert. Danach müsse die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der natürlichen Lebensgundlagen leisten und sich gleichzeitig nach dem Markt ausrichten. Ein Ding der Unmöglichkeit, trotz 3,5 Milliarden Bundesbeiträgen pro Jahr. Das führe zu einer kompletten Überforderung von Bäuerinnen und Bauern. Schliesslich rüttelt Hans Weiss auch an planerischen Begrifflichkeiten und Konzepten: der baulichen Verdichtung stellt er die ökologische Entdichtung gegenüber und plädiert wie letzthin in einem NZZ-Artikel (23.02.21) dafür, Verdichtung durch Siedlungsentwicklung nach innen zu ersetzen. Ein weiteres Thema, das ihn umtreibt, ist der Landschaftsverbrauch, den nicht nur der Strassenbau, sondern auch der (vermeintlich gute und allgemein akzeptierte) öffentliche Verkehr direkt oder indirekt auslöst.
Das reich bebilderte Buch «achtung: landschaft schweiz. Vom Umgang mit unserer wichtigsten Ressource» ist in jeder Buchhandlung erhältlich.