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14. April 2021 | P.S. I Aufgefallen

«achtung: landschaft schweiz»

Hans Weiss plä­diert für einen nachhaltigen Umgang mit der Land­schaft

Im Fernsehen, auf Plakaten oder in Online-Kampagnen wird viel mit der Schönheit der schweizerischen Land­schaft geworben. In Tat und Wahrheit nimmt die landschaftliche Schönheit aber stetig ab. Warum eine schöne Landschaft im Interesse der Schweiz liegt und wie dieses Interesse auf Seiten der Politik geweckt werden kann, zeigt Hans Weiss in seinem neusten Buch auf. Angelus Eisinger und Roger Strebel haben mit dem Doyen des Schweizer Landschaftsschutzes über «achtung: landschaft schweiz» gesprochen.

Kulturlandschaft Hirzel 4 zu 3

Kulturlandschaft Hirzel (Horgen)

Foto: © RZU

In «achtung: landschaft schweiz» rollt Hans Weiss in einem ersten Teil die Ursachen der Landschaftszerstörung in der Schweiz in den Jahrzehnten seit Kriegsende auf. Im zweiten Teil konzentriert er sich anhand von 12 kon­kre­ten Beispielen auf einzelne Landschaften, die mit zum Teil spektakulären Aktionen gerettet werden konnten. So hätte eine Unterschrift des Bundesrats in letzter Minute beinahe noch die Bewahrung der Ober­engadiner Seen­landschaft zu Fall gebracht, im Fall der Aktion zur Rettung der Rebberge von Salgesch wäre es nach einem Au­gen­schein des Bundesgerichts mit Hans Weiss als Beschwerdeführer beinahe zu handgreiflichen Auseinan­der­­setzungen mit Einheimischen gekommen. Im dritten Teil skizziert Hans Weiss mehrere Anregungen und Forde­run­gen für den zukünftigen Umgang mit Natur und Landschaft. Unter anderem sollten der Eigenwert der Natur (wieder) vermehrt anerkannt und Realersatz auch im Bereich Landschaft verlangt werden. Wichtig wären auch Nutzungs-Regeln für die Landschaft, die auf dem Prinzip der Allmend basieren und die Landschaft nach­haltig bewahren und nutzbar machen. Zentral ist für Hans Weiss aber das politische Engagement der Be­völ­ke­rung. Viele Landschaften konnten nur gerettet werden, weil sich die Bevölkerung für den Natur- und Land­schafts­­schutz engagierte. Dies hat sich auch bei den oben erwähnten Fallbeispielen gezeigt.

Im Rahmen eines kurzen Gesprächs weist Hans Weiss darauf hin, dass er mit seinem aktuellen Werk die Bevöl­kerung und nicht ein Fachpublikum erreichen will. Schnell wird auch klar, dass er mit seinem Buch nicht an­kla­gen, sondern (bloss) aufmerksam machen und zu Engagement motivieren will. Unumwunden räumt Hans Weiss ein, dass er auch keine Patenlösung hat im Spannungsfeld zwischen Landschaftsschutz und erneuerbaren Ener­gien oder zwischen Landschaft und Landwirtschaft. Der Konflikt sei schon in der Bundesverfassung pro­grammiert. Danach müsse die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der natürlichen Lebens­gundlagen leisten und sich gleichzeitig nach dem Markt ausrichten. Ein Ding der Unmöglichkeit, trotz 3,5 Milliar­den Bundesbeiträgen pro Jahr. Das führe zu einer kompletten Überforderung von Bäuerinnen und Bauern. Schliesslich rüttelt Hans Weiss auch an planerischen Begrifflichkeiten und Konzepten: der baulichen Verdich­tung stellt er die ökologische Entdichtung gegenüber und plädiert wie letzthin in einem NZZ-Artikel (23.02.21) dafür, Verdichtung durch Siedlungsentwicklung nach innen zu ersetzen. Ein weiteres Thema, das ihn umtreibt, ist der Landschaftsverbrauch, den nicht nur der Strassenbau, sondern auch der (vermeintlich gute und allge­mein akzeptierte) öffentliche Verkehr direkt oder indirekt auslöst.

Das reich bebilderte Buch «achtung: landschaft schweiz. Vom Umgang mit unserer wichtigsten Ressource» ist in jeder Buchhandlung erhältlich.