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22. Mai 2025 | Agglomerationsverkehr

Nicht überall alles, sondern alles am richtigen Ort – Kurzrückblick auf den Vortrag von Stephan Erne vom 20.05.2025 zum Agglomerationsverkehr der Zukunft

Wo liegen die Herausforderungen und Ansatzpunkte des Agglomerationsverkehrs der Zukunft und was kann die Verkehrsplanung dabei von der Stromversorgung lernen? Dieser Frage stellte sich Verkehrs­planer Stephan Erne zu Beginn seines Vortrags an der digitalen Veranstaltung vom 20.05.2025. In seiner Antwort arbeitete er drei Aspekte zu diesem Vergleich heraus (Folien 5–11):

  1. Effizienz ist wichtig für die Versorgungssicherheit in der Stromversorgung. Sie ist auch zentral für den nachhaltigen und ressourcenschonenden Agglomerationsverkehr, wo viele Menschen zuverlässig, pünktlich und mit möglichst geringem Energieaufwand und Flächenbedarf befördert werden sollen.
  2. Es gibt in der Stromversorgung vielfältige und differenzierte Angebote, unter anderem für die unterschiedlichen Unternehmen und die Privathaushalte – das lohnt sich auch ökonomisch. Dasselbe gilt für den zukünftigen Agglomerationsverkehr mit den sehr unterschiedlichen Nutzergruppen und ihren vielfältigen Bedürfnissen, die über ein Gesamtverkehrssystem abgedeckt werden müssen.
  3. In der Stromversorgung sind gewisse Marktmechanismen und -anreize sinnvoll und breit akzeptiert, um die knappen Netzkapazitäten möglichst gut nutzen zu können. Solche Elemente könnten im Verkehr gestärkt werden. Aktuell ist der Verkehr zu günstig, gleichzeitig sind die zentrale Lage und damit auch die Boden- und Immobilienpreise aber sehr teuer. Dadurch entstehen Anreize zur Entwicklung von peripheren Räumen, die für die Gesellschaft mit hohen Kosten verbunden und nicht zukunftsverträglich sind.

Stephan Erne führte aber auch zwei wichtige Unterschiede zwischen der Stromversorgung und der Verkehrsplanung auf: Spezifisch für den Verkehr ist die hohe Verkehrsdichte, insbesondere in (engen) Zentrumsräumen (Folie 12). Angesichts des limitierten Raums müssen die Nutzungen und Flächenzuweisungen immer wieder neu verhandelt werden. In Zukunft werden Fuss- und Veloverkehr mehr Fläche brauchen, zulasten des motorisierten Verkehrs. Zudem ist die Mitwirkung im Verkehr noch wichtiger, denn im Verkehr geht es immer auch um Menschen mit ihren individuellen Werthaltungen und Mobilitätsbiografien. Nur durch Mitwirkung können breit abgestützte und akzeptierte verkehrliche Lösungen erarbeitet werden (Folie 13).

Seine Ausführungen fasste Stephan Erne in einem prägnanten Fazit (Folie 14) zusammen:

  • Mobilität kann gestaltet werden, sie ist kein Naturgesetz. Bei der konkreten Ausgestaltung kann man auch von anderen Bereichen wie etwa der Energie lernen.
  • Die Ziele im Agglomerationsverkehr sind gar nicht so unterschiedlich, wie sie oftmals scheinen: Wichtig ist, dass man den bestehenden Konsens und die gemeinsamen Interessen erkennt und einen Umgang mit dem Dissens findet.
  • Im Agglomerationsverkehr ist es zentral, die Stärken, aber auch die Grenzen der einzelnen Verkehrsmittel Auto, ÖV, Velo- und Fussverkehr anzuerkennen: Nicht überall alles, sondern alles am richtigen Ort.
  • Die Zukunft der Mobilität ist vernetzt: Es braucht nicht nur starke Achsen, sondern direkte Verbindungen und attraktive Knoten.
  • Die Mobilität ist ein wertvolles Gut und darf deshalb auch ihren Preis haben. Es braucht die Abstimmung mit der Raumplanung und der Wohnbaupolitik.
  • Und schliesslich: Seien Sie mutig, treten Sie in Dialog, aber treffen Sie Entscheidungen!

Die abschliessende Diskussion an der digitalen Veranstaltung mit 40 Teilnehmenden behandelte Themen wie autoarmes Wohnen, die unterschiedlichen Mobilitätsbiografien von Menschen im Agglomerationsraum oder die Chancen von Ansätzen wie etwa Mobility Pricing.

Die Aufzeichnung des Referats und der anschliessenden Diskussion steht im Mitgliederbereich der RZU-Webseite zur Verfügung.

Foliensatz
(pdf, 7.6mb)