Ein Hinweis: Die Swiss Re befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema Biodiversität. In ihrem im Jahr 2020 herausgegebenen Bericht Biodiversity and Ecosystem Services präsentiert sie den so genannten SRI BES Index (Swiss Re Institute (SRI) Biodiversity Ecosystem Services (BES) Index). Der SRI BES Index ist in sieben 15%-Perzentilen («very low» bis «very high») unterteilt und basiert auf 10 verschiedenen terrestrischen Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Lebensmittelversorgung oder Wasserqualität. Er erlaubt einen weltweiten Vergleich unter insgesamt 195 Ländern. Der SRI BES Index weist auch eine Verknüpfung zum Bruttoinlandprodukt (BIP) auf. Auf dieser Basis kann die (Rück-) Versicherungsbranche Zusammenhänge zwischen dem Zustand der Biodiversität und der (potentiellen) Entwicklung der Wirtschaft länderspezifisch besser abschätzen. Damit hat sich die Swiss Re, so die Autor*innen des Berichts, an ein durchaus streitbares Thema gewagt, da mit jeder Biodiversitätsbewertung immer auch ein gewisses Mass an Subjektivität verbunden ist.
Wieso beschäftigt sich eine Rückversicherungsgesellschaft wie die Swiss Re überhaupt mit dem Thema Biodiversität? Einerseits sind heute gemäss Swiss Re rund 55% des weltweiten BIP moderat bis stark von der Biodiversität und den mit ihr verbundenen Ökosystemleistungen abhängig. Andererseits hat sich der Zustand der Ökosysteme in den letzten Dekaden weltweit um durchschnittlich 47% verschlechtert.
Mit der Vielfalt der Lebensräume umfasst die Biodiversität auch einen raumrelevanten Aspekt. Dementsprechend lohnt sich auch aus raumplanerischer Sicht eine Auseinandersetzung mit dem Bericht im Allgemeinen und mit dem SRI BES Index im Speziellen. Der SRI BES Index zeigt für die Schweiz zwar einen geringen Anteil an Ökosystemen in den Zustands-Klassen «sehr fragil» und «fragil». Gleichzeitig listet er aber auch einen nur geringen Anteil an Ökosystemen in den Zustands-Klassen «vollständig intakt» sowie «intakt». Damit ist die Schweiz im internationalen Vergleich weit von einem Spitzenplatz hinsichtlich einer hohen Biodiversität entfernt. Der Index weist ferner eine ausgesprochen kleine Abhängigkeit des BIP vom Zustand der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in der Schweiz aus, was mit dem vergleichsweise geringen Anteil zu tun hat, den die Landwirtschaft zum BIP beiträgt. Dies bedeutet indes nicht, dass sich die Schweiz (als Land mit einer mittleren Bevölkerungsdichte) zurücklehnen kann. Vielmehr rufen die Autor*innen der Studie die Schweiz dazu auf, die Widerstandsfähigkeit der Biodiversität zu verbessern und dementsprechend in die Natur zu investieren. Massnahmen dazu sind beispielsweise die Wiederherstellung von Ökosystemen, Habitatsverbesserungen in bereits geschützten Gebieten, die Bewältigung von Stickstoffproblemen und/oder die Integration von Ökosystemleistungen in die Raumplanung.
Der Bericht attestiert, dass die Welt in den vergangenen Jahren viel gelernt hat über die Auswirkungen der Klimaveränderung. Er hält gleichzeitig aber auch fest, dass die negativen Auswirkungen des Biodiversitätsverlustes auf die Wirtschaft zwar vermutet werden können, aber noch zu wenig untersucht sind. Vor diesem Hintergrund fordert er dazu auf, ein hohes Bewusstsein für die Biodiversität zu entwickeln und sich mit ihr auseinanderzusetzen.