Das Adliswiler Innenentwicklungsprojekt «Zentrum Süd» war vor über fünf Jahren erstmals Thema in der RZU. In der 1. Veranstaltung des Erfa «zusammen wirken» vom 30.03.2017 stellte damals die Projektleiterin Eliane Niggli das Masterplan-Beteiligungsverfahren vor, in dem mit 32 Grundeigentümern an vier Workshops ein Masterplan erarbeitet werden konnte, welchen 18 von ihnen schliesslich auch unterzeichneten. Er bildete die Grundlage für die Sonderbauvorschriften (SBV), die im Februar 2019 vom Parlament mit 21 zu 13 Stimmen verabschiedet worden sind. Über den Prozess und den damaligen Zwischenstand berichtete Bruno Hoesli von der PLANAR AG an der RZU-DV im Juni 2019. Aufgrund ausgebliebener Einsprachen traten die SBV im November 2019 schliesslich in Kraft – vor rund drei Jahren also.
Der den SBV zugrundeliegende Plan zeigt die Entwicklungsoptionen einer gesamtheitlichen Verdichtung auf. Die Stellung der Gebäude ist lediglich als «mögliche Bebauung (schematisch)» festgehalten. Das zentrale Element der SBV ist ein Anreizsystem, das die Zusammenlegung von Grundstücken begünstigt. Parzellen ab 1'000m2 werden mit einer höheren Ausnützung von 150% belohnt. Der Bonus steigt bis 3'000m2 linear bis auf 180% an. Da aber nur rund zwei Drittel der Grundeigentümer beteiligt waren, erfordern parzellenübergreifende Projekte viel Zeit, bis die nötigen Allianzen geschmiedet und Parzellen zusammengelegt werden können.
Was ist bis heute geschehen? Für das erste Projekt «Baumgartenhof» konnte die Immo Valoris AG aus Dübendorf im mittleren Teil von «Zentrum Süd» einige Parzellen erwerben und zusammenlegen (s. Abb. 1, blauer Perimeter). Sie liess ihr Grundstück samt den südlich angrenzenden Parzellen beplanen, um Anschlüsse ans Projekt zu ermöglichen. Für zwei neue Riegelbauten sind bereits vier Gebäude (s. Abb.2, 1950er-/1960er-Bauten, gelb/orange) abgerissen worden. Da sich eine Partei der angrenzenden Stockwerkseigentümerschaft (1930er-Gebäude, grün) nicht zum Verkauf oder zum Mitmachen bewegen liess, musste das dritte Gebäude an der Albisstrasse umgeplant (verkürzt) werden. Wegen dieser Verzögerung steht der 1970er-Gewerbebau noch (s. Abb.4), soll aber für die verkürzte Variante noch weichen.
Eine besondere Knacknuss bei der Transformation im Bestand stellt die Erschliessung dar. Seit dem Bau des Kreisels im Jahr 2008 erfolgt die Erschliessung der nördlichen Parzellen über ein Wegerecht um den 1970er-Gewerbebau herum (Abb. 1, gelb). Gemäss der SBV soll es zukünftig einen Direktanschluss an den Kreisel geben. Diese Lösung wird aber noch einige Zeit brauchen und bis dahin muss die Erschliessung über die Baumgartenstrasse (Abb. 1, gelb gestrichelt) erfolgen oder alternativ der o.g. Situation heute entsprechen. Teil der Gesamtplanung waren zudem die südlich angrenzenden vier Bauten aus dem 19. Jahrhundert (s. Abb. 1 und 2, hellblau) entlang der Baumgartenstrasse. Die Eigentümerschaften zeigten zwar Interesse, konnten sich letztlich aber nicht zu einer Kooperation durchringen. Ihre Parzellen ergeben zusammen rund 1200 m2 – gerade gross genug, um eventuell später noch mit einer gemeinsamen Planung vom Ausnützungsbonus zu profitieren.
Deren südliche Nachbarn (s. Abb. 5, himmelblaue 1980er-Bauten) kommen als zusätzliche Entwicklungspartner aufgrund der relativ jungen Bausubstanz in naher Zukunft nicht infrage. Wiederum an diese angrenzend, entsteht das zweite aktuelle Projekt: Hier spannten zwei Bauherren zusammen und konnten alle weiteren Parzellen bis auf eine (das nordwestliche Haus) für ihre Planung gewinnen. Geplant sind drei Gebäude mit ca. 60 Wohnungen und rund 1000m2 Gewerbefläche.
Im nördlichen Bereich des Zentrum Süd hingegen konnte der neue Anreiz bisher kein parzellenübergreifendes Ersatzprojekt auslösen. Ein Grund ist eine erst vor Kurzem durchgeführte Sanierung des mittendrin liegenden Gebäudes (vgl. Abb. 1 und 3). Eine weitere Parzelle (1940er-Bau am Kreisel, s. Abb. 1 und 4) weist hinsichtlich Strassenabstand und Nutzflächen eine Übernutzung auf, sodass der Anreiz für einen Ersatz beschränkt bleibt.
«Zentrum-Süd» in Adliswil zeigt viele der praktischen Herausforderungen der Innenentwicklung sehr gut auf. Anschaulich wird dies an den Abweichungen und Opportunitäten im konkreten Prozess. Aufgrund der nur grob vorhersagbaren Parzellenkonfiguration erweisen sich die Erschliessung sowie die Einhaltung einzelner Sonderbauvorschriften als herausfordernd. Insgesamt scheint die SBV überwiegend Unwägbarkeiten genügend Rechnung zu tragen und gleichzeitig eine lenkende Wirkung zu entfalten. Dies zeigt sich bei den Projekten «Baumgartenhof» und «Südspitze». Die bereits im Masterplan formulierten städtebaulichen Grundsätze (z.B. Lärmschutz, halböffentliche vernetzte Innenhöfe) wirken sich aktiv auf die Transformation des Bestands aus.
Zusammengefasst zeigt die Entwicklung Adliswil Zentrum Süd: der Anreizmechanismus der SBV funktioniert und motiviert zu grösseren Einheiten. Gleichzeitig beugen die vielfältigen Widerstände einzelner «Nagelhäuser» einer flächendeckenden Tabula-rasa-Entwicklung vor. Dies könnte hinsichtlich Identität und stadträumlichem Charakter sogar Mehrwerte für das gesamte Gebiet generieren.