Im letzten Jahr haben die Delegierten und der Vorstand der RZU die Verbandsstrategie Plus Zürich 2050 verabschiedet. Sie soll kein Papiertiger bleiben. Deshalb braucht es gute Beispiele, die aufzeigen, wie die Ziele und Inhalte der Strategie in die Praxis umgesetzt werden können. Gute Beispiele können inspirieren und motivieren – konkret und praxisnah. Das zeigte der Projektmarktplatz vom 26. Juni mit neun guten Projekten auf.
Alle neun Projekte sind in der Datenbank zur Strategie Plus Zürich 2050 zu finden. Die Datenbank ist ein neues Angebot für den RZU-Mitgliederkreis, das auch weiteren Personen mit Bezug zur Raumentwicklung auf Ebene Gemeinde, Region, Kanton und Bund offensteht. Die Datenbank soll informieren, inspirieren und motivieren und mit den Köpfen vernetzen, die hinter den Projekten stehen – zum Beispiel von Behörden, Eigentümerschaften oder Planungs-, Architektur- und Verkehrsbüros.
Dank an die Köpfe hinter den Beispielen
Die RZU dankt allen Referierenden, die ihre Projekte kurz und kompakt vorgestellt und zusammen mit den über 50 Veranstaltungsteilnehmenden diskutiert haben:
Schwerpunkt 1: Wohnraum für die wachsende Bevölkerung schaffen
- Reto Lorenzi, Leiter Stadtplanung, Dübendorf: Spielraum für preisgünstigen Wohnraum schaffen – Dübendorf setzt § 49b PBG situativ um
- Matthias Stocker, pool Architekten und Matthias Drabe, Präsident BBZ: Zukunft aus dem Bestand gestalten – die Siedlung der Genossenschaft BBZ in Oerlikon
- Ron Edelaar, EMI Architekt*innen: Reihenhaus zeitgemäss gedacht – verdichtetes Wohnen am Stadtrand von Baden
Schwerpunkt 2: Gemeinsam den Agglomerationsverkehr der Zukunft entwerfen
- Marc Amgwerd, Kantonsingenieur Zug: Autoarmes Zentrum Cham – Durchgangsverkehr unterbinden und Zentrum aufwerten
- Christoph Breuer, KAIROS OG: Verkehr im Quartier neu organisieren: der neue Stadtteil Dietenbach in Freiburg i. Br.
- Samuel Bernhard, bernhard uvb: Durch autoreduziertes Wohnen den Garten erhalten – das «fluryhaus» in Deitingen (SO)
Schwerpunkt 3: Die Landschaft grossmassstäblich entwickeln
- Doris Vögeli, Gemeinderätin Reinach, Leiterin Arbeitsgruppe Birspark Landschaft, Verein Birsstadt: Aktionsplan «Birspark Landschaft» – regionales Engagement für eine attraktive Flusslandschaft
- Lena Unger, Denkstatt Sarl, Ladina Engler, Leiterin Raum & Umwelt, Regensdorf und Ingo Golz, stv. Direktor, Grünstadt Zürich: Landschaftsraum Katzenseen – ein kollaborativer Prozess als Reaktion auf den steigenden Nutzungsdruck
- Stefan Werner, Schweizerische Vogelwarte Sempach: Landwirtschaft und Biodiversität unter einen Hut bringen – Vernetzungsprojekt Klettgau (SH)
Erkenntnisse für die Umsetzung der Strategie Plus Zürich 2050
Was kann aus den am 26. Juni präsentierten Beispielen gelernt werden? Ein paar Hinweise – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Kooperation auf Augenhöhe wird zum Erfolgsfaktor. Unter den heutigen Rahmenbedingungen ist eine Kooperation auf Augenhöhe essenziell: zwischen Behörden, Interessengruppen, Privaten und Bevölkerung. Nur so kann Vertrauen aufgebaut und gut zusammengearbeitet werden, nur so können die bestehenden Möglichkeiten und Spielräume erkannt und zugunsten von guten Lösungen genutzt werden. Exemplarisch zeigen dies die Kooperation zwischen Behörden, Landwirtschaft und Naturschutz beim Vernetzungsprojekt Klettgau (SH) oder der Dialog zum Landschaftsraum Katzenseen, den Zürich, Regensdorf und Rümlang zusammen mit Bevölkerung und Interessengruppen führen. Ein weiteres Beispiel ist der Verein Birsstadt als Zusammenschluss von 10 Gemeinden, der unter anderem den Aktionsplan Birspark Landschaft umsetzt. Die Gemeinden kooperieren und stimmen sich gegenseitig ab – zugunsten von Erholung und Natur in diesem Raum. Und dank ihrer Kooperation finden die Gemeinden beim Kanton auch mehr Gehör für ihre Anliegen.
- Es braucht Mut und Kreativität, um neue Wege zu beschreiten – aber es lohnt sich. Verschiedene Beispiele wie etwa das Autoarme Zentrum Cham (AAZ) als notwendige flankierende Massnahme zur Umfahrung Cham-Hünenberg waren zwischenzeitlich blockiert und festgefahren. Beim Projekt AAZ konnte nur durch beharrliches Weiterarbeiten, den kontinuierlichen Dialog mit allen Beteiligten und die Suche nach neuen Lösungsansätzen schliesslich eine gute Lösung gefunden werden, welche die verschiedenen Anliegen bestmöglich unter einen Hut bringt. Mut für einen markanten Kurswechsel beweist auch die Genossenschaft BBZ beim aktuellen Erneuerungsschritt der BBZ-Siedlung in Zürich-Oerlikon. Die Devise lautet nun: Verdichtung im Bestand statt flächendeckender Ersatz. Dieser Schritt ist Neuland – es brauchte den Willen und den Mut, Neues zu testen und gewisse Risiken einzugehen – unterstützt von qualifizierten Büros. Davon profitieren viele Mieterinnen und Mieter, deren günstige Bestandswohnungen erhalten werden können.
- Fokussierung auf das Wesentliche und Verzicht am richtigen Ort machen neue Qualitäten möglich. Ein gutes Beispiel dafür ist der neue Stadtteil Dietenbach in Freiburg im Breisgau: Das Parken im öffentlichen Raum ist ausschliesslich für Menschen mit Behinderung, Gewerbeverkehr sowie Carsharing reserviert. Die Parkplätze werden in Quartiergaragen am äusseren Erschliessungsring des Stadtteils untergebracht und sind von den Gebäuden in maximal 300 m erreichbar. Die Wohnstrassen bleiben deshalb weitgehend autofrei – zum Vorteil der sich dort aufhaltenden Menschen. Das fluryhaus in Deitingen (SO) zeigt, wie mit auto- bzw. parkplatzreduziertem Wohnen ein schöner Garten erhalten werden kann. Bei der neuen Reihenhaussiedlung der Baugenossenschaft Lägern Wohnen an der Stockmattstrasse in Baden wurde vieles gemacht, um die Baukosten tief zu halten: die Flächen wurden minimiert, die Konstruktion wurde bewusst einfach und kostengünstig konzipiert und es wurde auch auf die Barrierefreiheit verzichtet – zugunsten von preisgünstigem und zugleich nachhaltig konzipiertem Wohnraum.
- Bestehende Handlungsräume und Möglichkeiten sind dazu da, genutzt zu werden. Beispielhaft zeigt dies der Stadtrat von Dübendorf, der neue Möglichkeiten zur Förderung von preisgünstigem Wohnraum schaffen will. Er will die Spielräume des § 49b PBG nutzen – abgestimmt auf Eigentumsverhältnisse, planerische Voraussetzungen und Entwicklungspotenziale.
- Nachhaltig verdichten heisst auch Optionen für zukünftige Generationen offenhalten. Die Erneuerung der BBZ-Gartenstadtsiedlung zeigt dies exemplarisch auf: Es wird nicht alles sofort verbaut, sondern Spielraum für künftige Entwicklungen erhalten. Knapp zwei Drittel der bestehenden Gebäude werden ab 2027 nur «pinselsaniert», so dass sie für die nächsten drei bis vier Jahrzehnte erhalten werden können. Damit können die sehr günstigen Bestandsmieten erhalten werden. Die nächste Generation kann dann auf Grund der dann herrschenden Situation entscheiden, wie sie die Siedlung weiterentwickeln will.
Der Foliensatz und die Dokumentation mit allen Postern stehen unten zum Herunterladen bereit.
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