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15. November 2022 | P.S. | aufgefallen

Agrotopia – ein facettenreiches Reallabor der urbanen Landwirtschaft und der Raum­entwicklung

Mehrfachnutzungen statt Monofunktionalität, Kreislaufbetrachtungen und Verbundlösungen statt offene Stoff- und Energieflüsse sind raumplanerische Gebote der Zukunft. Eines der interessantesten Beispiele, dass solche Überlegungen längst nicht mehr einfach theoretische Zukunftsmusik bilden, ist das Agrotopia Research Center for Urban Production in der Industriezone der westflandrischen Stadt Roeselare in Belgien. Im Herzen des westflämischen Gemüsebaus ist nicht einfach das grösste Dachgewächshaus Europas entstanden. In un­mittelbarer Nähe zur Autobahn ist auf dem Dach eines landwirtschaftlichen Logistikzentrums in der Industrie- und Gewerbezone der Stadt ein wegweisender Nutzungshybrid realisiert worden. Das Projekt Crop on Top Agrotopia führt nicht nur unterschiedlichste Akteure wie Forschungseinrichtungen, Produzenten und Lieferanten unter einem Dach zusammen, das Gebäude beinhaltet auch Reallabore, in denen Technologien für einen nach­haltigen und effizienten Agrarsektor entstehen, getestet und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

221115 Agrotopia

Foto: © Filip Dujardin

Konkret verbindet das Projekt der Architekturgemeinschaft van Bergen und Kolpa mit META auf dem Dach der bisherigen Logistikhalle vertikale Landwirtschaft für Obst und Blattgemüse in vier verschiedenen Klimazonen, die durch die Abwärme der benachbarten Müllverbrennungsanlage beheizt wird. Die Bewässerung der Gewächshäuser erfolgt durch Regenwasserspeicher auf dem Dach des Gebäudes, gleichzeitig wird das Restwasser nach der Verwendung gespeichert, gereinigt und wiederverwendet. Im Innern begegnen Zonen des Forschens und Arbeitens einem Lehrpfad für die interessierte Öffentlichkeit, der vertikal durchs ganze Gebäude führt und dessen Herzstück eine grosszügige vertikale Plaza mit Dachterrasse bildet. In dieser Stahl-Glasstruktur, die auf dem Betonsockel der Logistikhalle aufsetzt, nimmt urbane, hoch technologisierte Landwirtschaft neue Konturen an – räumlich eng mit dem städtischen Umfeld verwoben, ohne weitere Beanspruchung von knappem Kulturland, in unmittelbarer Nähe zu leistungsfähigen Verkehrsinfrastrukturen, die für einen effizienten Vertrieb der Produkte sorgen. Themenfelder, die sich auch für die weitere Entwicklung der urbanen Landwirtschaft in der Schweiz stellen.

Weitere Informationen über das Projekt, das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wurde, sind hier zu finden.

Ein Hinweis der Geschäftsstelle RZU